Aus der Festschrift
50 Jahre Pfarrkirche Sankt Franziskus 1954-2004

Hermann Josef Wienen

Im nördlichsten Zipfel unserer Heimatstadt Viersen liegt – im Norden von Süchteln-Vorst, im Osten und Norden an die Gemeinde Grefrath und im Westen an die Stadt Nettetal angrenzend – unsere Honschaft Hagenbroich-Windberg, entstanden als Reihensiedlung am „Windberger Bach“ (1692), am „Hagenbroicher Bach“ (1670) und an der alten Heerstraße Süchteln-Grefrath, 1573 „Herstraß na Gryfraedt“ genannt. Belegt durch Funde ist eine Besiedlung schon in der Altsteinzeit, ebenfalls in der Eisenzeit. Aus der Römerzeit ist die Lage einer „Villa Rustica“ bekannt. In alten Urkunden ist der Name Hagenbroich seit 1322 in den unterschiedlichsten Schreibweisen überliefert und bereits 1496 in der heutigen Form. Hagenbroich kann aus althochdeutsch „hagan“ nach Trockenlegung urbar, auch umhegter Bezirk oder Hof, und „bruoch“ mit Erlen und Weidensträuchern bestandenes Sumpf- oder Morastgelände, abgeleitet werden. Damit bezeichnet ist also eine eingefriedetete Wohn- oder Siedlungsstätte im feuchten Gelände. Windberg, erste Erwähnung 1474 als „Wynberg“, ist mit einiger Sicherheit nicht von Wind – auch wenn der Wind dort freie Bahn hat – abgeleitet, sondern von althochdeutsch „winne“ Wiese oder Weide. Der Windberg ist ursprünglich der Wiesen- oder Weidenberg. Das später eingeschobene „d“ behindert diese Erklärung nicht.

Bis zur Ära Napoleons gehörte Hagenbroich-Windberg zum Herzogtum Jülich mit dem Amt Brüggen, grenzte im Osten an das Kurfürstentum Köln mit dem Amt Oedt und im Norden und Westen an das Herzogtum Geldern mit dem Amt Krickenbeck. Welche Wichtigkeit die erstmals 1496 erwähnte Zollstation im Hagenbroich hatte, ist daraus ersichtlich, dass für die dort versteuerten Waren im gesamten Herzogtum Jülich keine weiteren Abgaben zu leisten waren. 1609 gab es kurzzeitig die erste Schule im Hagenbroich als reformierte Schule. 1642 erfolgte die Gründung einer Elementarschule von Bestand. Am 12. März 1959 schloss die Hagenbroicher Schulchronik. Der nicht vollendete Nordkanal (frz. Grand Canal du Nord) gilt als das größte archäologische Bodendenkmal unserer Region. Er wurde projektiert von Napoleon und durchschneidet die Honschaft in Nord-Süd-Richtung. Begonnen wurde er 1808, aus politischen Überlegungen erfolgte 1810 der Abbruch der Arbeiten. Später wurde auf dem östlichen Ufer die Straße nach Grefrath ausgebaut, 1870 die Bahnverbindung Süchteln-Grefrath vom ersten Kleinbahnunternehmen in Preußen auf dem westlichen Kanalufer eröffnet, der bis zur endgültigen Stilllegung 1916 eine wechselhafte Entwicklung beschieden war.

Von den vielen ehemals bestehenden Vereinen etc. existiert als größte noch die 1655 gegründete St. Maria-Lichtmeß-Bruderschaft, die in ihren Reihen alle Schichten der Bevölkerung vereint und als einen der Höhepunkte im Leben der Sektion und der Pfarrgemeinde St. Franziskus im fünfjährigen Rhythmus das große Stadtteilschützenfest der Süchtelner Schützenvereinigungen feiert. Neben der Feuerwehr ist auch die Landjugend in vielen Bereichen sehr aktiv. Dem geneigten Leser sei empfohlen, über die gut ausgebauten Wege per pedes oder mit dem Rad geruhsam die Schönheit unserer Heimat zu ergründen. Er kann dabei die unterschiedlichsten niederrheinischen Landschaftsformen vom Nierstal im Osten, dem Bruchgelände, der Mittelterrasse bis zu der Höhe des Viersener Horstes im Westen kennen lernen. Er sollte am Sektionskreuz Hagenbroich einen Augenblick der Besinnung einlegen.